Kita
Prävention von Anfang an
Ob Kindertagesstätte, Kindertagesmutter oder -vater, Krippe, Großpflegestelle oder Kinderladen, die Kindertagesbetreuung ist die „Kinderstube“ der Prävention. Hier machen Kinder sehr früh in ihrem Leben prägende und schützende Erfahrungen: In der Kita haben Mädchen und Jungen die Chance, sich als Teil einer Gemeinschaft zu erleben, in der die Bedürfnisse aller Bedeutung haben, wo sich nicht die Großen, Starken und Groben durchsetzen. Wo Erzieherinnen und Erzieher sie darin unterstützen, ihre Gefühle und Grenzen wahrzunehmen, zu zeigen, sich dafür einzusetzen und zu wehren, aber auch sich Unterstützung zu holen, wenn andere sich darüber hinwegsetzen oder sie verletzen. Erzieherinnen und Erzieher tragen täglich dazu bei, Mädchen und Jungen in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken. Sie ermöglichen früh die Beteiligung von Kindern an Entscheidungen, ermutigen sie, ihre Wünsche und Beschwerden vorzubringen, und fördern damit ganz maßgeblich das Kindeswohl. Dies ist der beste Schutz vor Gewalt – auch vor sexueller Gewalt. Eine Einrichtung, die ein Schutzkonzept entwickelt und ihre Potentiale analysiert, kann gegebenenfalls auf diese Stärken aufbauen oder sich, wo nötig, verbessern.
Kita als Kompetenzort
Ein zentrales Ziel von Schutzkonzepten in Kitas ist es, die Einrichtung zu einem Kompetenzort zum Thema sexuelle Gewalt zu machen, d. h., dass Kinder und Jugendliche hier Hilfe finden können. Dazu gehört neben der gelebten präventiven Erziehungshaltung, sich aktiv mit dem Thema sexuelle Gewalt zu befassen und so Ängste und Unsicherheiten abzubauen, hinzusehen und die richtigen Schritte zu unternehmen, wenn man Missbrauch vermutet. Erzieherinnen und Erzieher haben die Chance, für Kinder eine Vertrauensperson zu sein, wenn sie sich ihnen mitteilen. Aber auch Eltern, die sich Sorgen machen, ob oder weil ihr Kind mit sexueller Gewalt konfrontiert ist, können von in der Kita Rat und Unterstützung erhalten. Vielen Müttern und Vätern fällt es leichter, zunächst hier Hilfe zu suchen, als den unbekannten Rahmen der Fachberatungsstellen oder der Jugendämter in ihrer Not aufzusuchen.
Kita als Schutzort
Das weitere Ziel lautet, Kitas zu Schutzorten zu machen, zu Orten, die keinen Raum für Missbrauch lassen, die präventive Maßnahmen entwickeln, um nicht zum Tatort zu werden. Denn Kitas können auch besonders gefährdete Orte sein: Manche Täter und Täterinnen wählen gezielt einen pädagogischen Beruf, um leichter an potenzielle Opfer heranzukommen. Junge Kinder sind besonders gefährdet, denn sie können Missbrauchshandlungen nur schwer einschätzen und benennen und sind den Manipulationen hilflos ausgeliefert. Ihre Offenheit und ihre Bereitschaft zu Bindung und Vertrauen macht sie äußerst verletzlich. Der Bereich der frühkindlichen und Vorschulerziehung ist auch deshalb ein sehr sensibler Bereich, weil körperliche Nähe bei Pflegehandlungen, beim Trösten, Kuscheln und Toben zum Alltag gehören – und das sollte sich durch Schutzkonzepte auch nicht ändern! Was Schutzkonzepte an Sicherheit bieten können, ist die Entscheidung des Teams, Nähe und Distanz zu Kindern fachlich zu diskutieren, die kindlichen Bedürfnisse zur Richtschnur für die Gestaltung von körperlicher Nähe zu machen und nicht dem Temperament und der Befindlichkeit der einzelnen Pädagoginnen und Pädagogen zu überlassen. Es ist wichtig, dass präventive Maßnahmen unabhängig vom Geschlecht der Erziehenden entwickelt werden, denn ein Generalverdacht gegen Männer in Kitas, der Vermeidungsverhalten provozieren kann, ist kein professioneller Weg im Kinderschutz.
Schutz vor Missbrauch, Gewalt und sexuellen Übergriffen unter Kindern
Die in den letzten Jahren entwickelten Schutzkonzepte in Kitas zeigen, dass der Schutz vor sexuellem Missbrauch häufig nicht isoliert angegangen, sondern mit Prävention sonstiger Formen von Gewalt verbunden wird. Dies ist nicht zuletzt aufgrund der rechtlichen Regelungen in §§ 45, 79a SGB VIII naheliegend, die diesen Qualitätsentwicklungsprozess verbindlich einfordern. Die Praxis zeigt auch, dass es geboten ist, neben dem Schutz vor sexueller Gewalt durch Erwachsene auch die Prävention und Intervention bei sexuellen Übergriffen unter Kindern in den Schutzkonzepten Raum zu geben.
Anregungen
„Leitfragen der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration zur Erstellung von Schutzkonzepten in Einrichtungen gem. den §§ 45, 79a SGB VIII“ [PDF, nicht barrierefrei, 655 KB] der Freien und Hansestadt Hamburg
Schutzkonzept der Kindertagesstätten der Gemeinde Henstedt-Ulzburg [PDF extern; 3,83 MB]
Schutzkonzept der Kitas der Pestalozzi-Stiftung Hamburg
Zentrum Bildung der Evangelischen Kirche Nassau, Fachbereich Kindertagesstätten, Projektstelle „Mehr Männer in Kitas“ (Hg.) (2012): „Professionalität kennt kein Geschlecht“ [PDF extern; 2,29 MB]
Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Hamburg e. V.: „Kitas - ein sicherer Ort für Mädchen, Jungen und Fachkräfte“ [PDF extern, 2 MB]
Magistrat der Stadt Frankfurt am Main - Dezernat Bildung und Frauen (Hrsg.): „Rechte, Schutz und Beteiligung in Frankfurter Kitas“